Der Multiple-Sklerose-Podcast

Brigitte Hagedorn
Since 05/2010 23 Episoden

Es ist wie es ist!

Nach der Diagnose Multiple Sklerose war die ehemalige Erzieherin schon ein bisschen verzweifelt. Doch nachdem sie sich ein wenig schlau gemacht hatte, sah sie, dass MS nicht gleich den Rollstuhl bedeutet. Ihre Depression hat sie im Griff und dass sie …...

28.03.2013 6 min Staffel 1 Episode 15 Der Multiple-Sklerose-Podcast

Zusammenfassung & Show Notes

Nach der Diagnose Multiple Sklerose war die ehemalige Erzieherin schon ein bisschen verzweifelt. Doch nachdem sie sich ein wenig schlau gemacht hatte, sah sie, dass MS nicht gleich den Rollstuhl bedeutet. Ihre Depression hat sie im Griff und dass sie … Weiterlesen →

Nach der Diagnose Multiple Sklerose war die ehemalige Erzieherin schon ein bisschen verzweifelt. Doch nachdem sie sich ein wenig schlau gemacht hatte, sah sie, dass MS nicht gleich den Rollstuhl bedeutet. Ihre Depression hat sie im Griff und dass sie …...

Nach der Diagnose Multiple Sklerose war die ehemalige Erzieherin schon ein bisschen verzweifelt. Doch nachdem sie sich ein wenig schlau gemacht hatte, sah sie, dass MS nicht gleich den Rollstuhl bedeutet.

Ihre Depression hat sie im Griff und dass sie nicht mehr so weit laufen kann, findet die 66-jährige auch nicht tragisch. Sie bevorzugt für Bewegung sowieso das Laufband im Fitnessstudio – denn da muss sie nicht an den Rückweg denken 😉

Hier können Sie die Geschichte lesen:

Ich bin jetzt 66 Jahre alt und meine Diagnose hab ich 1988 bekommen. Ich habe, wenn man dem Arzt glauben kann, die schubförmige Form, aber ’nen richtigen Schub, ’nen richtig dollen Schub, hatte ich erst ein einziges Mal. Ja, ich kann mich noch dran erinnern. Ich ging zur praktischen Ärztin, weil ich so Kribbeln in den Armen hatte und dachte, ich hätte Durchblutungsstörungen oder sowas. Die hat mich zum Neurologen geschickt und der hat lange gebraucht, bis er mit der Wahrheit rauskam. Aber dann wurde mir das dann doch gesagt. Ich war erst ein bisschen verzweifelt. Sofort hatte ich das Bild von Rollstuhlfahrern und so vor Augen und dachte: „Was wird aus meinen Kindern?“ Und so weiter und so fort. Aber dann hab ich mich ein bisschen schlau gemacht und doch gesehen, dass MS nicht bedeutet „gleich bewegungsunfähig im Rollstuhl.“ Naja. Man ist eben nicht jahrelang immerzu verzweifelt, das legt sich irgendwann.

Also, ich war einmal bei einer Selbsthilfegruppe. Ich weiß gar nicht, ob’s die noch gibt. Und da dachte ich, ich werd mal gucken. Und das war so schlimm … [lacht] … also ich hab den Abend durchgehalten und dann hat mein Mann mich abgeholt und dann hab ich erst mal angefangen zu heulen, weil ich das so furchtbar fand und ich bin dann nicht mehr hingegangen.
Ich habe mich über die Krankheit informiert, indem ich mir ein Buch gekauft habe. Dann bin ich in die DMSG, die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, eingetreten und hab mir da auch Informationen geholt. Und dann hat mir mein Sohn allerhand aus dem Internet abgedruckt und so. Aber jetzt informiere ich mich über gar nichts mehr, eigentlich. Jetzt krieg ich diese Zeitung von der Gesellschaft und da guck ich dann rein und das war’s dann. Mehr nicht.

Ich war von Beruf Erzieherin und da muss man natürlich immer in Bewegung sein und immer da. Da hab ich schon gemerkt, dass mir das immer schwerer fällt. Also es war dann nicht so, dass ich sagen kann: „Heute gut, morgen schlecht.“ Es war mehr so schleichend. Aber ich hab‘ schon gemerkt, dass mich das alles sehr anstrengt. Und ich eben auch nicht mehr, ja, nicht mehr so lange durchhalten konnte. Ich war in so einer kleinen Einrichtung, nur mit einer Kollegin zusammen. Dann haben wir das schon so ausgesucht, dass ich das schaffen kann, oder dass ich mich unterwegs hinsetzen kann. Das geht auf die Dauer einfach nicht, ja? Ich hab auch selber gemerkt, dass, also – immer irgendwie am Limit. Dann hab‘ ich mit Hilfe der Neurologin Rente beantragt und die ging dann auch durch und alles gut. Das war eigentlich eine gute Entscheidung. Hinterher hab ich gemerkt, das war richtig. Da muss man ja erstmal krankgeschrieben sein und da musste ich zu einem Gutachter. Der wollte das erst ablehnen. Da hat die Neurologin ihm einen Brief geschrieben und dann wurde es doch nicht abgelehnt und das wars dann aber schon. Sehr kompliziert war das nicht. Mein Arbeitgeber war die Kirche. Gemeinde. Ich hab aber, muss ich auch dazusagen, für eine Nachfolgerin gesorgt (lacht). Die hatten also nichts auszustehen.

Was aber noch gravierend war, war, dass ich Depressionen hatte. Das hab ich auch erst nicht so damit in Verbindung gebracht. Bis mir die Neurologin dann gesagt hat, das hängt wahrscheinlich mit der MS zusammen und hat mir dann auch ein Mittel verschrieben. Und das war dann besser. Inzwischen ein etwas stärkeres und das nehm ich immer. Dann hatte ich die Neurologin gefragt, ob ich damit nicht auch aufhören könnte und sie hat aber gesagt: „Sie haben nun mal diese Krankheit und nun nehmen Sie das mal auch.“ Also ich nehme das bis an mein Lebensende und fahre gut damit. Ja, es hellt meine Stimmung auf und das ist ja nicht verkehrt.

Was ich auch merke, ist, dass meine Aufnahmefähigkeit auch begrenzt ist. Also, wenn ich jetzt, wie soll ich sagen – lange Gespräche führe oder so. Oder wenn ich abends wo bin und da wird viel geredet. Dann merk ich nach ’ner Weile, dass meine Konzentration sehr nachlässt und ich dem auch nicht mehr so folgen kann. Das hatte ich früher nicht. Ich nehme das auch alles nicht so tragisch, das ist halt so. Es ist eben so. Das kann man nicht ändern. Zum Beispiel eine Wanderung oder so, das kann ich nicht machen. Ich kann – ich glaube, zwei Kilometer schaff ich wohl, aber dann ist Schluss. Ich bin ’ne alte Frau, was muss ich rennen (lacht). Ich geh soweit, wie ich komme. Fertig. Und deswegen geh‘ ich eben auch gerne ins Fitness-Studio, da auf dem Laufband brauch ich eben nicht zurückgehen. Wenn ich dann einen Kilometer schaffe, dann ist gut. Da muss ich nicht an den Rückweg denken und deswegen gehe ich da gerne hin. Oder da rudere ich auch gerne. Da brauch ich auch nicht zurück und das ist eben das Schöne dran.

Also geholfen, mit dieser Krankheit fertig zu werden, hat mir meine Familie. Ich hab einen Ehemann und zwei Söhne. Die waren ja damals noch kleiner. Das heißt, dem Kleinen hab ich das nicht gesagt, aber dem Großen. Die waren eben sehr rücksichtsvoll und mir sehr zugetan. Das hat schon mal sehr geholfen. Und dann – ich bin schon immer Christ gewesen, aber dann, später, hab ich doch noch mehr den Weg zu der Gemeinde hier gefunden und das hilft mir auch sehr.
Die Einschränkung, die ich habe, die hab ich eben und es nutzt ja auch nichts, wenn ich jetzt darüber jammer und lamentiere oder so. Ich kann dagegen nichts machen und das ist so und basta.

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